I. Winer Forum interkulturellen Philosophierens

"Achsenzeittheorie" – gestern und heute

Die Achsenzeittheorie von Karl Jaspers bildete in der Anfangsphase der „interkulturellen Philosophie“ eine wichtige Rahmentheorie (Ram Adhar Mall, Heinz Hülsmann, Franz Martin Wimmer). Mit der Annahme von mehreren Geburtsorten der Philosophie (Indien, China, Europa) konnte der Exklusivitätsanspruch der europäischen Philosophie aufgebrochen werden. Inzwischen ist die Achsenzeittheorie sowohl in der interkulturellen Philosophie als auch in den Kulturwissenschaften zum Gegenstand vielfacher Kritik und zahlreicher Revisionen geworden.

In der interkulturellen Philosophie stellen sich unter anderem folgende Fragen: Wird mit der Achsenzeittheorie den philosophischen Aufbrüchen in anderen Weltregionen nicht doch wieder ein eurozentrisches Schema übergestülpt? Fallen wichtige philosophische Strömungen – wie z.B. die afrikanische oder die lateinamerikanische Philosophie – aus dem Achsenzeitschema heraus? In welchem Sinn wirken die interkulturellen Aufbrüche der Achsenzeit in den Philosophien der Neuzeit nach? Wie können Jaspers‘ Hinweise auf eine zukünftige ‚Zweite Achsenzeit’ in der interkulturellen Philosophie aufgenommen werden?

Die Kulturwissenschaften haben vor allem die Chronologie von Jaspers‘ Achsenzeit problematisiert. Da die Ungleichzeitigkeit und Heterogenität von geistigen Aufbrüchen chronologische Fixierungen unmöglich zu machen, sprechen manche Kulturwissenschaftler nicht mehr von der Achsenzeit, sondern von der Achsenzeitlichkeit („axiality“) als Charakteristikum bestimmter Kulturen. Darüber hinaus überwiegt in den historischen Wissenschaften eine allgemeine Skepsis gegenüber der „Vogelperspektive“ (A. Assmann) globalgeschichtlicher Konzeptionen.

Vor diesem Hintergrund scheint es angebracht zu sein, die Achsenzeittheorie innerhalb der interkulturellen Philosophie auf den Prüfstand zu stellen. Was kann sie leisten? Worin kann sie anregend, worin kann sie hinderlich sein? Gibt es alternative Theorien?

Beiträge aus diesem Forum wurden veröffentlicht in:

polylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren Nr. 38, Winter 2017

 

2. Tag: Offene Diskussion verschiedener Themen

Am zweiten Tag des Forums besteht die Möglichkeit, papers zu verschiedenen Themen interkulturellen Philosophierens einzureichen. Darüber hinaus können auch laufende Forschungsarbeiten oder -projekte vorgestellt werden.

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Programm

Freitag 24.2.2017: Theorie Achsenzeit – Gestern und heute 

Block I: 9:00 – 12:00

  • Prof. Dr. Franz Martin Wimmer (Wien): Bemerkungen zum Potenzial des Achsenzeit‐Konzepts
  • Prof. Dr. Jan Assmann (Heidelberg): Zur Geschichte des Achsenzeit‐Theorems
  • Dr. Anke Graness (Wien): Der Kampf um den Anfang: Beginnt die Philosophie im Alten Ägypten?

Mittagspause

Block II: 14:00 – 18:00

  • Dr. Rainer Schulzer (Tübingen): Achsenzeittheorie avant la lettre im Japan der Meiji‐Zeit (1868‐1912)
  • Prof. Dr. Heiner Roetz (Bochum): Chinesische Achsenzeit und chinesische Moderne
  • Prof. DDr. Hans Schelkshorn (Wien): Die Moderne als zweite Achsenzeit

Samstag 25.2.2017: Themen und Projekte interkultureller Philosophie

Block 1: 9:00 – 12:00

  • Prof. Dr. Wolfgang‐Andreas Schultz (Hamburg): Zwei Wege der Subjekt‐Konstitution – die andere Seite Europas als Brücke zu anderen Kulturen
  • Dr. Piotr Jakubowski (Warschau): On Creating the Image of the Refugees in Polish Public Discourse
  • Stefan Lessmann (Wien): Schriftbildlichkeit? Dekolonialität und Schriftkritik bei Sahagún, Waldrop und Krämer (Masterarbeit)

Mittagspause

Block II: 13:30 – 15:30

  • Sool Park (Wien, Seoul): Übersetzung der Wahrheit
  • Lara Hofner (Berlin): Das Projekt Weltphilosophien – Chancen einer polylogischkaleidoskopischen Theoriebildung (BA‐Projekt)